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Klaas: „Zu hoher Tarifabschluss gefährdet in der Holzindustrie 8.000 Arbeitsplätze“

04.04.2007
Der Hauptgeschäftsführer der Spitzenverbände der Deutschen Holz- und Möbelindustrie, Dirk-Uwe Klaas, erklärt:

„Sechseinhalb Prozent mehr Lohn und Gehalt fordert die IG Metall für die Lohnrunde 2007 und begründet dies mit der aus ihrer Sicht hervorragenden Umsatz- und Ertragsentwicklung im Jahr 2006 und den positiven Aussichten für 2007. „Jetzt sind die Portemonnaies der Kollegen dran“, heizen die Gewerkschaftsfunktionäre die Stimmung unter den Beschäftigten an und bekommen dabei noch Schützenhilfe von einigen Vertretern der Großen Koalition. Die tradierten Reflexe funktionieren also noch und das Fell des gerade wieder zu Kräften gekommenen Bären wird vorsorglich schon einmal verteilt. Klar ist, sollte es in unserer Branche zu einem Abschluss wie in der Chemieindustrie von 3,6 Prozent mehr Lohn kommen, stehen bei uns 8.000 Stellen auf dem Spiel.

Sicher, die Stimmung in Deutschland hat sich gedreht. Endlich muss man sagen, denn zu viele Jahre hatten wir uns schon an Konsumverweigerung und Zukunftsangst gewöhnt. Doch mit dem Jahr der Fußballweltmeisterschaft kehrte der Optimismus zurück und die deutsche Wirtschaft wuchs um stolze 2,7 Prozent. Dieses Wachstum und ein ungewöhnlich milder Winter führten auch zu wieder sinkenden Arbeitslosenzahlen und einem ansteigenden Konsum.

Auch die Möbelindustrie konnte profitieren und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von insgesamt 18,4 Mrd. € und damit eine Steigerung gegenüber 2005 von 7,2 Prozent. Die Menschen kaufen also zum Glück wieder Möbel, wenn auch die Dynamik im Inland deutlich hinter der des Auslandes zurückbleibt. Während der Export in 2006 um rund 15 Prozent anstieg, wuchs der Inlandsmarkt nur um verhaltene 3,5 Prozent. Diese unterschiedliche Entwicklung macht deutlich, wie schwierig der Inlandsmarkt nach wie vor ist. Die nach wie vor gängige Vermarktung unserer Produkte im Handel über Rabatte und Sonderangebote unterstützt die ohnehin schon die hohe Preissensibilität der Verbraucher und geht zunehmend zu Lasten unserer Margen. Zusätzliche Mengen im Handel muss die Industrie teuer erkaufen und sie schmälert damit die Ertragslage.

Mit einer durchschnittlichen Umsatzrendite von rund 1,5 Prozent liegt die Möbelindustrie deutlich unter dem Niveau anderer Industriezweige wie etwa dem Maschinenbau, der durchschnittlich 4,5 Prozent Rendite einfährt oder gar der chemischen Industrie mit 9,5 Prozent. Die Margen bei uns sind auch deshalb vergleichsweise niedrig, weil sich große Teile der Industrie in einer unkomfortablen Sandwich-Position befinden: Von oben drückt der Möbelhandel die Verkaufspreise und von unten steigen die Kosten für Zulieferprodukte – allen voran Holz bzw. Holzwerkstoffe. Um bis zu 30 Prozent kletterten im vergangenen Jahr die Preise für Spanplatte & Co., so dass dieser Schub oft nicht in voller Höhe weitergeben werden konnte. Deshalb fordern wir für unsere Branche einen deutlichen „Holzabschlag“ beim Tarifabschluss 2007.

Gerade die Dynamik der Materialpreissteigerungen unterscheidet uns von anderen Branchen wie etwa der Metall- und Elektroindustrie, die sich sicherlich auch Kostensteigerungen gegenübersieht, jedoch in deutlich geringerem Ausmaß und mit deutlichen besseren Chancen der Weitergabe im Markt. Dennoch schert die IG Metall seit diesem Jahr alle von ihr vertretenen Industriezweige über einen Kamm und belegt sie mit der selben Forderung von 6,5 Prozent für 12 Monate. Dies ist weder sachlich gerechtfertigt noch in der Höhe zu verantworten. Die letztjährige Forderung lag für die Holz verarbeitende Industrie noch bei 4,5 Prozent (Metall: 5,0%) und brachte am Ende einen Abschluss von 2,5 Prozent, der zwar am oberen Ende des Machbaren lag aber dennoch vertretbar war.

Diese „Tarifpolitik mit Augenmaß“, die auch schon in den Jahren 2004 und 2005 zu für beide Seiten akzeptablen Ergebnissen geführt hat, darf jetzt nicht einseitig von der IG Metall über Bord geworfen werden. Denn nur eine solche Tarifpolitik kann in einer arbeitsintensiven Branche wie der Möbelindustrie auf Dauer die Beschäftigung sichern. Ein Ziel, das gerade der Arbeitnehmervertretung am Herzen liegen muss. Viele werden sich noch an die überzogenen Tarifabschlüsse zu Beginn der 90er Jahre mit teilweise zweistelligen Wachstumsraten erinnern, die den Beschäftigungsabbau erst richtig in Gang gebracht haben. Eine Tarifpolitik mit Augenmaß hat dann jedoch dazu geführt, dass der langjährige Abbau der Beschäftigung zum Ende des Jahres 2006 gestoppt werden konnte. In den Monaten November und Dezember 2006 lag die Beschäftigung mit -0,2 Prozent konstant auf den Vorjahreswerten. Die Büro- und Ladenmöbelindustrie baute im zweiten Halbjahr 2006 sogar wieder Arbeitsplätze im Umfang von 1,5 Prozent auf. Größere Unternehmen beispielsweise im Küchen- und Kastenmöbelbereich schaffen ebenfalls bereits neue Arbeitsplätze.

Doch hinter jedem neuen Arbeitsplatz steckt nicht nur ein individuelles Schicksal, sondern auch eine Markteinschätzung und eine Kostenrechnung. Lohnt die Investition am deutschen Standort mit seinen gut ausgebildeten Fachkräften und können im Inland wie im Ausland auskömmliche Preise erzielt werden, um die Kosten zu decken? Ja, unsere Wettbewerbsfähigkeit hat gerade im Ausland in den vergangenen Jahren zugenommen und die Exportquote liegt mittlerweile bei einem Drittel. Doch diese Position dürfen wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzten. Jeder weiß, dass nirgendwo in Europa höhere Löhne in der Möbelindustrie gezahlt werden als in Deutschland und dass natürlich auch auf ausländischen Märkten der Preis stimmen muss. Seit rund zehn Jahren leben wir von diesem Auslandsgeschäft, während der Inlandsmarkt kontinuierlich um durchschnittlich 2 Prozent pro Jahr schrumpft. Deshalb ist es auch im Sinne der heimischen Arbeitsplätze, diese Weltmarktposition zu verteidigen.

Sicherlich wird alles teurer, sowohl die Produktion von Möbeln als auch das ganz normale Leben. So wie die Unternehmen gerne höhere Preise vom Handel hätten, so hätten die Arbeitnehmer gerne höhere Löhne. Das Eine ist so berechtigt wie das Andere. Doch wir müssen den Blick für das Machbare behalten. Das Jahr 2006 war gut, doch davor gab es viele schlechte Jahre und wir befinden uns heute auf einem Umsatzniveau, dass immer noch 10 Prozent unter dem des Jahres 1996 liegt. Ein gutes Jahr 2006 gleicht damit die Verluste der Vorjahre bei weitem nicht aus. Diese Relation dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, zumal keiner weiß, wie die Konjunktur im Konsumgüterbereich in 2007 tatsächlich läuft. Zum Wohle der Branche mit ihren rund 100.000 Beschäftigten brauchen wir deshalb unbedingt eine Fortsetzung der Tarifpolitik mit Augenmaß.“




Weitere Infos:

Ursula Geismann
u.geismann@wohninformation.de
HDH/VDM Verbände der Holz- und Möbelindustrie
Flutgraben 2
53604 Bad Honnef
Deutschland
Tel. +49 (0) 22 24 - 93 77 0
Fax +49 (0) 22 24 - 93 77 77
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