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Kettnaker
Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM)

Möbelindustrie mit Umsatzminus von 4 Prozent in 2020

20.01.2021

Branche benötigt ein abgesichertes Öffnungsszenario
Stellenwert des eigenen Zuhauses wächst
Aussichten für 2021 hängen am Lockdown

 

Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie und der Möbelfachverbände, erklärt am 20. Januar 2021 zur wirtschaftlichen Situation der Branche:

 

Nach dem volatilen, schwierigen Jahr 2020 verläuft auch der Start in das neue Jahr für die deutsche Möbelindustrie – wie für viele andere Wirtschaftszweige – herausfordernd. Zum einen müssen wir in diesem Januar zu unserem großen Bedauern auf die imm cologne und die Living Kitchen verzichten, die nach den ursprünglichen Planungen heute begonnen hätten. Die leider unumgängliche Absage bedeutet einen herben Einschnitt. Der maßgebliche Branchentreffpunkt und Kommunikationstreiber für Wohnen und Einrichten fehlt allen Beteiligten und wir freuen uns schon jetzt auf den Restart in 2022. 

 

Der Jahresauftakt ist zum anderen massiv durch den aktuellen zweiten Lockdown geprägt. Durch die damit verbundene Schließung des Möbelhandels fällt für unsere herstellenden Betriebe in der umsatzstärksten Zeit des Jahres der maßgebliche Absatzkanal weg. Das ist trotz guter Auftragsbestände nicht nur für die Industrie wirtschaftlich bitter, sondern zudem auch für die Verbraucher nicht folgenlos. Denn der schon im zweiten Halbjahr 2020 deutlich sichtbare Einrichtungsbedarf ist ja weiterhin hoch, kann jedoch nicht mehr in konkrete Käufe überführt werden. Zudem finden in Deutschland täglich rund 20.000 Wohnungsumzüge statt, die oftmals direkt notwendige Ergänzungen der Wohnungseinrichtung nach sich ziehen. Was mache ich in der neuen Wohnung beispielsweise ohne Küche, wenn gleichzeitig auch die Gastronomie geschlossen hat?

 

Trotz allem Verständnis für die gestern erneut verlängerten und verschärften Corona-Einschränkungen brauchen Wirtschaft und Verbraucher dringend eine Perspektive. Diese kann nicht in einem Lockdown bis Ostern bestehen – wie schon verschiedentlich ins Gespräch gebracht –, denn die gesellschaftlichen und ökonomischen Folgen wären nicht kalkulierbar. Wir fordern deshalb einen mittelfristig möglichen Weg für ein Wirtschaften im „abgesicherten Modus“. Gerade der deutsche Möbelhandel mit seinen großflächigen Verkaufsräumen und den seit Monaten erprobten Hygienekonzepten liefert dafür gute Voraussetzungen.

 

Ergänzend fordern wir bereits kurzfristig eine flächendeckende Möglichkeit zur Onlinebuchung von Beratungs- und Verkaufsterminen mit maximal zwei Personen, um die Frequenzen zu steuern und Begegnungen von Kunden zu reduzieren. Neben dem weiteren Ausbau der Onlineberatung müssen die aktuellen Click & Collect-Lösungen bestehen bleiben. Wenn zudem der Zutritt zu den Beratungs- und Verkaufsflächen ausschließlich mit FFP2-Masken erfolgt, wird das Infektionsrisiko weiter gesenkt. In Abhängigkeit der Infektionslage könnten bei einer Öffnung des Handels die Abstandsflächen auf 50 Quadratmeter pro Kunde erhöht werden. Eine zusätzliche Entzerrung der Öffnungszeiten in den Abend hinein und am Wochenende sowie der Verzicht auf Frequenz steigernde Maßnahmen runden das Maßnahmenpaket ab.

 

Derzeit können die deutschen Möbelhersteller noch von ihrem Auftragspolster aus dem vergangenen Jahr zehren. Die Auslieferung der Ware an den Handel läuft vielfach weiter, auch wenn die logistischen Anforderungen etwa in der Tourenplanung stark zunehmen und erste Annahmemöglichkeiten im Mitnahmesegment wegen volllaufender Läger bereits ausfallen. Aus Sicht unserer Hersteller ist es äußerst wichtig, dass die Läger des Handels weiter offenbleiben, damit die Produktion aufrechterhalten werden kann. Die Erfahrungen aus dem vergangenen Frühjahr zeigen, dass ansonsten die gesamten Produktions- und Lieferketten reißen und die Fertigung in der Möbelindustrie bei längerer Schließung des Handels mangels Aufträgen in vielen Fällen zum Erliegen kommen wird. Dies zieht wiederum auch Schwierigkeiten beim Wiederhochfahren der Produktion nach sich, mit denen die Möbelhersteller schon nach dem Lockdown im Frühjahr 2020 zu kämpfen hatten.

 

Im vergangenen Jahr hat die deutsche Möbelindustrie infolge der Corona-Pandemie einen sehr wechselvollen Geschäftsverlauf erlebt. Zunächst brachte der Lockdown im Frühjahr drastische Einbußen für die Möbelhersteller mit sich. Nach der Wiedereröffnung des Möbelhandels zog die Nachfrage dann sehr schnell und überraschend stark wieder an und lag insbesondere im Sommer auf einem für diese Jahreszeit untypisch hohen Niveau. Aber auch über den Herbst und bis zum neuerlichen Lockdown Mitte Dezember dauerte die stabile Auftragsentwicklung bei Küchen-, Polster- und Wohn- und Schlafzimmermöbeln weiter an. In der Corona-Krise konzentrierten sich die Verbraucher stark auf eine behagliche und gemütliche Einrichtung ihres Zuhauses und passten ihre eigenen vier Wände zudem den neuen Anforderungen wie Homeoffice, Homeschooling und Homecooking an. Diese hohe Nachfrage in den wohnnahen Sparten brachte auch Engpässe auf der Beschaffungsseite und verlängerte Lieferzeiten mit sich.

 

Nach internen Erhebungen der Fachverbände stiegen die Auftragseingänge in der deutschen Wohnmöbelindustrie von Januar bis Dezember 2020 signifikant um 14,1 Prozent und in der Küchenmöbelindustrie um 11,8 Prozent. Auch in der Polstermöbelindustrie wurde ein deutlicher Anstieg um 5,5 Prozent registriert. Die im Vergleich zur amtlichen Statistik deutlich positiveren Ergebnisse sind vor allem auf den guten, um einen zweistelligen Prozentsatz verbesserten Auftragseingang in den Monaten November und Dezember zurückzuführen, welcher sich erst im ersten Quartal 2021 in den positiven Umsätzen niederschlagen dürfte. Ein weiterer Grund ist die Einbeziehung der ausländischen Produktionsstätten deutscher Hersteller sowie der deutschen Vertriebsgesellschaften ausländischer Hersteller, die von der amtlichen Statistik nicht erfasst werden.

 

Für das Gesamtjahr 2020 rechnen wir für die deutsche Möbelindustrie mit einem Umsatzminus von rund 4 Prozent. Damit liegt die Entwicklung im Rahmen unserer Prognose aus dem August, als wir ein Umsatzminus von bis zu 5 Prozent vorhergesagt haben. Der Umsatz wird voraussichtlich rund 17,2 Milliarden Euro erreichen.

 

In der Summe der ersten elf Monate 2020 betrugen die Umsätze der Branche nach Angaben der amtlichen Statistik rund 15,8 Milliarden Euro – ein Minus von 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das aufgelaufene Umsatzminus ist in den letzten Monaten 2020 kontinuierlich abgeschmolzen: Im Oktober verzeichnete die Branche ein Wachstum um 2,3 Prozent und im November bereits um 5 Prozent im Vergleich zum Vormonat.

 

Die einzelnen Segmente der deutschen Möbelindustrie entwickelten sich von Januar bis November 2020 höchst unterschiedlich. Die Küchenmöbelhersteller verzeichneten einen kräftigen Umsatzanstieg um 3,7 Prozent auf rund 4,9 Milliarden Euro und entwickelten sich damit wesentlich besser als andere Segmente. Eine weitgehend stabile Umsatzentwicklung registrierten die Hersteller von Polstermöbeln, deren Umsätze von Januar bis November 2020 minimal um 0,4 Prozent auf rund 830 Millionen Euro zurückgingen. Dagegen fiel die Umsatzentwicklung beim größten Segment der Möbelindustrie – den sonstigen Möbeln und Möbelteilen – mit minus 8,1 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro negativer aus als im Branchendurchschnitt. Die Büromöbelindustrie wies mit einem Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro ebenfalls ein deutlich negatives Ergebnis aus (minus 11,7 Prozent). Die Hersteller von Laden- und sonstigen Objektmöbeln lagen um 8,5 Prozent unter dem Vorjahreswert und erzielten einen Umsatz von rund 1,7 Milliarden Euro. Das kleinste Segment der Branche – die Matratzenindustrie – wies ein Umsatzminus in Höhe von 4,2 Prozent auf rund 690 Millionen Euro aus. Im November  verbesserte sich die Lage in allen Segmenten wieder deutlich. Vor dem Hintergrund des hohen Auftragsbestands ist auch im Dezember von einer positiven Umsatzentwicklung in der Industrie auszugehen.

 

Hier noch ein Blick auf die Beschäftigtendaten der Branche: In den aktuell 468 Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten (minus 1,8 Prozent) arbeiten 82.601 Frauen und Männer und damit liegen wir nur leicht (minus 2,2 Prozent) unter dem Niveau des Vorjahres. Somit blieb der Personalabbau in der Möbelindustrie im Unterschied zu vielen anderen Branchen bislang überschaubar.

 

Die negativen Auswirkungen der Corona-Krise waren insbesondere im Auslandsgeschäft deutlich zu spüren. Der Auslandsumsatz der deutschen Möbelindustrie sank von Januar bis November 2020 um 8,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, dagegen ging der Inlandsumsatz lediglich um 2,8 Prozent zurück. Das Exportgeschäft litt unter dem Nachfragerückgang infolge der Lockdown-Maßnahmen in verschiedenen Ländern, den internationalen Reiseeinschränkungen, den Messeabsagen und den negativen Auswirkungen des Brexits.

 

Die Industrieexportquote – dies ist der Anteil der von den heimischen Möbelherstellern direkt ins Ausland gelieferten Ware am Gesamtumsatz der Branche – lag in den ersten elf Monaten 2020 infolge des überdurchschnittlichen Rückgangs des Auslandsumsatzes bei 31,4 Prozent und damit deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Im Gesamtjahr 2019 lag der entsprechende Wert noch bei 32,7 Prozent. Der VDM geht davon aus, dass die meisten Exportmärkte sich nach der Überwindung der Folgen der Pandemie im laufenden Jahr relativ schnell erholen und die Exportquote bereits im kommenden Jahr wieder das Niveau des Jahres 2019 erreichen dürfte.

 

Die meisten Auslandsmärkte zeigen sich aktuell deutlich stärker von der Krise betroffen als der heimische Markt: Die deutschen Möbelexporte sanken in den ersten zehn Monaten 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro. Einzelne Exportmärkte konnten dennoch deutliche Wachstumsraten vorweisen. Erfreulich ist die Steigerung der Ausfuhren in die Schweiz als zweitwichtigsten Exportmarkt der deutschen Möbelindustrie mit einem Plus von 4,9 Prozent.

 

Frankreich belegt aktuell Platz eins im Ranking der wichtigsten Exportmärkte mit einem Minus von 6,3 Prozent. Auf den Rängen drei und vier folgen Österreich mit minus 5,7 Prozent und die Niederlande mit minus 0,6 Prozent. In fast allen anderen europäischen Exportmärkten wurden ebenfalls Rückgänge verzeichnet. Besonders stark gab der Absatz deutscher Möbel in Großbritannien mit einem Minus von 12,3 Prozent nach. Die negative Tendenz infolge des Brexits wurde durch die Auswirkungen der Pandemie auf die britische Wirtschaft noch verschärft.

 

Von den fünf wichtigsten Exportmärkten halten aktuell Frankreich und Belgien den Möbelhandel unter Auflagen geöffnet. In der Schweiz, in Österreich und den Niederlanden sind die Möbelhäuser derzeit geschlossen.

 

Die außereuropäischen Exportmärkte entwickelten sich im bisherigen Jahresverlauf uneinheitlich. Besonders erfreulich ist aus Branchensicht, dass der weltweit größte chinesische Möbelmarkt die Folgen der Corona-Krise sehr schnell überwunden zu haben scheint – die deutschen Möbelexporte nach China kletterten von Januar bis Oktober 2020 um 2,9 Prozent. Dagegen fielen die Rückgänge in den USA mit minus 15,7 Prozent und in Russland mit minus 14,2 Prozent angesichts der hohen Infektionszahlen signifikant aus.

 

Die deutschen Möbelimporte entwickelten sich von Januar bis Oktober 2020 mit einem minimalen Plus von 0,6 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro leicht positiv. Die Dynamik in den einzelnen Ländern zeigte sich jedoch uneinheitlich – deutlichen Rückgängen in einigen Ländern standen kräftige Steigerungen in anderen Ländern gegenüber. Polen verlor 3,2 Prozent, blieb jedoch wie in den vergangenen Jahren das mit Abstand wichtigste Möbelherkunftsland. Die Importe aus dem zweitwichtigsten Importland China legten um 9,1 Prozent zu, die Importe aus dem drittplatzierten Italien gingen um 3,4 Prozent zurück. Überdurchschnittlich stark stiegen die Einfuhren aus Rumänien (plus 26,9 Prozent), Vietnam (plus 14 Prozent) und der Türkei (plus 16,8 Prozent). Vor dem Hintergrund der gesunkenen Exporte und der gestiegenen Importe legte das Außenhandelsdefizit in den ersten zehn Monaten 2020 um 82 Prozent auf rund 925 Millionen Euro zu.

 

Ein konkreter Ausblick auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten fällt aufgrund der Unwägbarkeiten der Pandemie schwer. Vieles wird vom Zeitpunkt der Wiederöffnung des Möbelhandels abhängen. Was den Stellenwert unserer Branche in der Verbrauchersicht angeht, sind wir optimistisch gestimmt. Wir gehen davon aus, dass die Menschen dem Thema Wohnen und Einrichten weiter eine hohe Priorität einräumen werden. Unsere Industrie ist dafür gut gerüstet: Unsere Hersteller haben sich in der Corona-Krise noch flexibler aufgestellt, ihre Lieferketten noch breiter ausgebaut und ihre Produktinnovationen weiter vorangetrieben. Weiter an Fahrt nimmt auch das Thema Digitalisierung auf, wie nicht nur der Schub für den Online-Möbelhandel zeigt, dessen Anteil wir für 2020 auf 18 Prozent schätzen.


Neben VDM-Geschäftsführer Jan Kurth sprachen heute auch Christian Haeser, Geschäftsführer des Handelsverbands Möbel und Küchen (BVDM), und Oliver Frese, Chief Operating Officer der Koelnmesse GmbH, zur aktuellen Lage der Möbelbranche und zu den Planungen für die imm cologne 2022.

Den Beitrag von BVDM-Geschäftsführer Christian Haeser als PDF-Datei herunterladen.

 

Pressekontakte:
Christine Scharrenbroch
Pressesprecherin
Verband der Deutschen Möbelindustrie e.V. (VDM)
Flutgraben 2, D-53604 Bad Honnef
Tel. +49 2224 9377-17
c.scharrenbroch@moebelindustrie.de

Oliver Hagemann
Pressesprecher
Handelsverband Möbel und Küchen (BVDM)
Frangenheimstraße 6, D-50931 Köln
Tel. +49 221 94083-20
oliver.hagemann@hwb.online


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